Marktrends 3. Quartal 2025

2.6.2025
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Zusammenfassung

  • Die Märkte setzten nach dem Zollschock schnell zur Erholung an, doch die Deadlines 9. Juli (EU) und 12. August (China) bleiben kritisch.
  • Washingtons riesiges Steuerpaket kurbelt Wachstum und Aktienkurse an, treibt aber Defizit und Anleiherenditen hoch – das größte Risiko für Aktien und andere Risikoanlagen.
  • Die Berichtssaison fiel für Aktien deutlich besser als befürchtet aus. Der aktuelle Anstieg hat den Fortschritt der Zollgespräche weitgehend eingepreist. Vorgezogene Käufe von Konsumenten und Unternehmen könnten die Berichtssaison zum zweiten Quartal ab Mitte Juli beeinträchtigen. Fiskalpolitische Maßnahmen könnten gegen Ende des Jahres die Märkte unterstützen.
  • Gold und Bitcoin profitieren langfristig von Liquiditäts­fantasie, könnten im dritten Quartal jedoch unter weiterem Fed-QT und höheren Zinsen kurzzeitig leiden. Silber hat im Vergleich zu Gold Aufholpotential.

Kein Wachstumsschock aufgrund des Zollstreits

Die Aktienmärkte haben den ersten Zollschock zügig weggesteckt und sich in den vergangenen Wochen bis dicht an ihre Rekordstände herangearbeitet. Ein befürchteter Wachstumsrückschlag blieb bislang aus. Die USA und China setzen die zuvor angedrohten hohen Strafzölle für 90 Tage aus und verhandeln parallel mit einer Vielzahl weiterer Handelspartner, wobei derzeit ein engerer Katalog von rund 20 Schwerpunktländern im Vordergrund steht.

Nach dem leichten BIP-Rückgang im ersten Quartal zeigte sich die US-Konjunktur im zweiten Quartal robuster als erwartet: Das Atlanta-Fed-Modell „GDPNow“ signalisiert aktuell ein annualisiertes Wachstum von etwa 2,4 Prozent für das zweite Quartal. Auch der Arbeitsmarkt bleibt solide; die wöchentlichen Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe bewegen sich seit März in einer engen Spanne und deuten damit auf stabile Beschäftigungsverhältnisse hin.

Aufgeschoben ist nicht aufgehoben

Nach Einschätzung der US-Regierung verlaufen die Zollgespräche mit der EU deutlich zäher als erhofft. Abgesehen von einer vorläufigen Einigung mit dem Vereinigten Königreich gibt es bislang kaum substanzielle Fortschritte mit anderen großen Handelspartnern. Besonders brisant werden jetzt die Ablauffristen der 90-Tage-Tarifpausen: Für die EU endet das Moratorium am 9. Juli 2025 – Brüssel hat angekündigt, spätestens bis 14. Juli Gegenmaßnahmen auszulösen, sollte bis dahin kein Deal stehen. Für China läuft die reduzierte Zollregelung in der Nacht zum 12. August 2025 aus; danach würden die ursprünglichen, deutlich höheren Tarife automatisch wieder gelten.

Geplante US-Steuersenkungen treiben die Aktienmärkte an

Ein wesentlicher Treiber der jüngsten Börsenrally ist das US Steuerpaket „One, Big, Beautiful Bill“: Das Repräsentantenhaus hat den Entwurf bereits verabschiedet; im Senat steht die Abstimmung noch aus. Vorgesehen sind eine Verlängerung der 2017er-Steuersenkungen, Steuerbefreiungen für Trinkgelder und Anreize für Firmeninvestitionen. Schätzungen nach könnte der Wachstumsimpuls 0,3% zum US-Trendwachstum von 2026-28 beitragen.

Finanzminister Scott Bessent verspricht, das Paket werde das Trendwachstum so anheben, dass die Wirtschaft schneller wachse als die zusätzliche Verschuldung. Angesichts eines für 2025 projizierten Bundesdefizits von etwa 6 % des BIP und einer aktuellen Inflationsrate von 2,3 % wäre dafür allerdings eine kräftige Beschleunigung des realen Wachstums nötig. Von den ursprünglich angekündigten „US-Detox-Plänen“ ist kaum noch zu hören: Die anfangs in Aussicht gestellten 2 Billionen USD an Ausgabenkürzungen wurden in den Haushaltsverhandlungen auf ungefähr 150 Mrd. USD zusammengestrichen. Kurzum: Washington setzt weiter auf eine „run-it-hot“-Strategie – fiskalische Reflation statt wachstumsbremsender Austerität.

Auswirkungen auf die Finanzmärkte

Anleihenmärkte 

  • Die Re-flationsagenda in Washington hat die US-Renditen spürbar nach oben getrieben: Die 10-jährige Treasury liegt Anfang Juni bei rund 4,4 % – gut 40 Basispunkte mehr als zu Jahres­beginn.
  • Auch deutsche, englische und japanische Staatsanleihen gerieten unter Druck, allerdings vor allem, weil die Zentralbanken ihre Ankaufprogramme zurückfahren und die Regierungen mehr lang­laufende Schuldtitel platzieren. In Japan notieren 10-jährige JGBs rentieren wieder über 1,5 %, so hoch wie zuletzt 2008.
  • Falls die USA den Wachstumskurs mit Steuersenkungen vorantreiben und die Handelszölle moderat bleiben, sind steigende Anleihezinsen und fallende Kurse zu vermuten.
  • Die Aufgabe der US-Politik wird es sein, mit de-Regulierung der US Banken und Drohgebärden auf US-Handelspartner neue Käufer für US-Anleihen zu gewinnen. Aktuelle Zinslevels erschweren die Kosten für die Refinanzierung.
  • Das größte Risiko für globale Märkte geht von den Anleihenzinsen aus. Ein deutlicher Anstieg könnte großen Druck auf Aktienkurse und Risikoassets ausüben.

Edelmetalle und  Kryptomärkte

  • Nach der starken Gold-Performance in diesem Jahr, konnten auch die Kryptomärkte aufholen. Beide Anlageklassen gelten als Barometer für monetäre Entwertung und das Wachstum der globalen Liquidität.
  • Im zweiten Quartal wirkte eine zunehmende weltweite Liquidität, angeführt von geldpolitischen Impulsen der chinesischen Zentralbank und einem schwächeren US-Dollar, stimulierend auf Gold und Bitcoin.
  • Bei Gold sehen wir nach wie vor einen intakten, mehrjährigen Bullenmarkt. Jedoch rechnen wir angesichts nachlassender geopolitischer Spannungen und überkauften Levels mit einer Konsolidierung auf hohem Niveau im kommenden Quartal.
  • Während Gold in den letzten 12-Monaten eine starke Aufwärtsbewegungerfahren erfahren hat, sah Silber eine volatile Seitwärtsbewegung. Das Gold:Silber Verhältnis ist mit 100:1 historisch hoch. Falls die globale Industrieproduktion stabil bleibt, sehen wir gutes Aufholpotential von Silber. Vor allem, wenn die chartstechnische Marke von USD 35 nachhaltig überwunden wird.
  • Kurzfristig erwarten wir bei Bitcoin Gegenwind: Das Hoch bei USD 110.000 konnte nicht nachhaltig überwunden werden. Das anhaltende Quantitative Tightening der US-Notenbank und steigende Renditen am Anleihemarkt dürften die Liquidität dämpfen. Saisonal beginnt zudem die historisch schwächere Phase von Bitcoin im Zeitraum von Juni-September. Ein nachhaltiger Ausbruch von Bitcoin über sein bisheriges Allzeithoch dürfte daher voraussichtlich zusätzliche expansive Maßnahmen der Fed erfordern.
  • Auf Zwölf-Monats-Sicht sprechen sowohl der aktuelle Halving-Zyklus als auch das populäre Rainbow-Modell für weiter steigende Bitcoin-Kur­se.

Aktienmärkte

  • Nach dem Zoll-bedingten Marktausverkauf im April meldete die Mehrzahl der US-Unternehmen überraschend robuste Q1-Ergebnisse. Technologie verbuchte das stärkste Gewinnwachstum, gefolgt von Versorgern sowie einem soliden Gesundheits- und Industrie­sektor. Pharma- und Auto-Titel litten dagegen weiterhin unter den von Donald Trump angekündigten sektor­spezifischen Zöllen.
  • Die Aktienmärkte haben den jüngsten Fortschritt bei den Zoll­gesprächen bereits weitgehend eingepreist; der Sommer-Verhandlungs­verlauf dürfte deshalb kurs­entscheidend werden. Rückenwind liefert jetzt vor allem die in Aussicht stehende expansive US-Fiskal­politik: Das frühere Spar­vorhaben ist faktisch vom Tisch, und die „One Big Beautiful Bill“ könnte bis Ende Juli verabschiedet sein.
  • Das Steuerpaket könnte für US Aktien gegen Ende des Jahres Impulse geben: Lohn­erhöhungen durch rückwirkende Steuer­senkungen würden ab Spätsommer in den Payrolls sichtbar, während großzügige Investitions­abschreibungen den Wachstums­impuls bis 2026 verlängern könnten – vorausgesetzt, die Politik hält die langfristigen Zinsen im Zaum.
  • Zuvor müssen die Aktienmärkte noch die Berichtsaison für das zweite Quartal, welche Ende Juni beginnt, überwinden. Hier sehen wir mögliche negative Effekte von pre-buying Effekten der Handelszölle. Sprich, Konsumenten und Unternehmen haben Käufe in Antizipation der Zölle bereits vorweggenommen, was auf den Ausgaben im zweiten Quartal lasten könnte.

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